Wir packen unsere Siebensachen auf die Velos und machen eine lange Reise durch Kanada. Velonomaden, immer unterwegs. Lassen die Heimat, den Ballast der Dinge hinter uns. Im Gepäck eine Kamera, ein Notizbuch, frei und ungebunden.
Auf dem Weg treffen wir Menschen, zufällig, spontan. An Orten, wo sie leben, arbeiten, an Orten, die sie Heimat nennen. Wir wollen ihre Geschichten hören, warum sie dort geblieben, wieder gekommen sind, warum sie weg wollen. Was sie mit dem Ort verbindet.
Die Begegnungen sind kurz und intensiv. Wir fahren weiter, sind heute hier, morgen dort. Jede Begegnung ist eine Momentaufnahme, ein Schnappschuss.
Aus diesen Schnappschüssen machen wir ein Buch, kein Reisebericht, vielmehr ein Album. Eine Sammlung von Momenten, kurzen Einblicken in ein Leben, Geschichten über Heimat.
Hintergrund
Seit einiger Zeit hat uns die Fahrradleidenschaft gepackt und wir sind auf den Geschmack von langen Veloreisen gekommen. Unsere erste lange Tour ging entlang der Donau, von der Quelle bis zum Schwarzen Meer. Die zweite Tour an der Ostseeküste hat uns durch die baltischen Länder geführt. Nun wollen wir wissen, wie weit uns die Räder wirklich tragen und wie es ist, wenn man mit einem One-Way-Ticket fliegt und das Ende der Reise offen ist.
Wir fahren auf dem Trans Canada Trail einmal quer durch Kanada. Von der Ostküste über Montreal und Toronto bis nach Vancouver. Dort erwartet uns dann der nächste Winter und wir entscheiden spontan ob und wie es weitergeht....
Was uns am Velofahren so fasziniert ist das Vorwärtskommen aus eigener Muskelkraft und die Unabhängigkeit. Und dass der Weg das Ziel ist. Das Fortbewegungsmittel Fahrrad ist perfekt: wir sind immer mittendrin, erfahren alles direkt, sei es Wind und Wetter, die Landschaft, Ortschaften oder die Menschen und ihre Geschichten des Alltags.
Begegnungen unterwegs
Die Begegnungen auf unseren Veloreisen sind meistens zufällig, oft sehr kurz und intensiv. Da man nicht von Stadt zu Stadt fliegt sondern jeden einzelnen Kilometer aus eigener Kraft hinter sich bringt, landet man an Orten, wo es sonst niemanden hinzieht. Wo es keine Reisenden gibt, nur Dagebliebene, Sesshafte. Wir geraten so in Situationen, die für Überraschungen, seltsame Begegnungen und glückliche Zufälle gemacht sind.
Wenn wir jemandem treffen, dann ist es jemand, der mitten in seinem Alltag steckt. Oft haben wir erlebt, dass wir Menschen auf der Strasse getroffen haben, ins Gespräch gekommen sind und unerwartet einen Platz für die Nacht hatten.
Die Menschen, die wir antreffen, erzählen immer gerne aus ihrem Leben. Vielleicht weil wir Fremde sind und die Geschichten nicht schon tausendmal gehört haben. Vielleicht weil wir am nächsten Tag sowieso wieder weg sind. Vielleicht weil sie ihre eigenen Träume von einem anderen Ort in uns sehen. Sie erzählen, warum sie dort sind, wo wir sie angetroffen haben, warum sie hergekommen, warum sie nicht weggegangen sind. Sie erzählen von Heimat, von Familie, von Vergangenheit. Ihre Geschichten sind eine subjektive, individuelle Perspektive auf diesen einen Flecken Erde, auf dem wir gerade stehen. Eine Momentaufnahme, ein Schnappschuss. Am nächsten Tag sind wir wieder weg, sie sind noch da.
Aber wir tragen dann im Gepäck die Erinnerung an diese Menschen und ihre Worte. Wie ein Polaroidfoto, ein O-Ton. Und nichts sagt uns mehr über diesen Ort, als diese kurzen Begegnungen. Kein Reiseführer, kein Geschichtsbuch. Für ein paar Stunden, einen Tag tauchen wir ein in ein anderes Leben. Es ist zu kurz, um uns irgendwie einzumischen, wir sind nur Besucher, Beobachter. Für uns sind das die typischen Begegnungen einer Veloreise. Eine besondere Art der Begegnung, die man sonst so nicht erlebt.
Geschichten sammeln
Auf dieser Reise wollen wir die Begegnungen dokumentieren, nicht nur als Erinnerungen in unseren Herzen tragen sondern in Form von aufgeschriebenen Geschichten und Fotografien festhalten.
Wem wir begegnen, überlassen wir dem Zufall, so wie immer. Nur den Moment des Erzählens und Zuhörens wollen wir nicht ganz so schnell vorübergehen lassen. Wenn wir jemanden auf dem Weg treffen, dann bieten wir an, ein einfaches Essen zu kochen. Wir setzen uns an den Tisch und warten ab, was erzählt wird. Vielleicht erzählt die Person uns, was sie tut, was das für ein Ort ist. Vielleicht erzählt sie auch nichts. Vielleicht nimmt sie uns mit auf die Felder, in die Bar oder auf einen Spaziergang.
Wir werden uns nicht mit Geschichtsbüchern rumschlagen, Reiseführer wälzen und ständig alles Wissenswerte über das Land googeln, nein, wir lassen uns einfach Geschichten erzählen. Die persönlichen Geschichten, die dann doch soviel von politischen und historischen Hintergründen, kulturellen und sozialen Hintergründen erzählen.
Auf diese Weise sammeln wir entlang des Weges Momentaufnahmen von irgendwelchen Menschen an irgendwelchen Orten. Wir sammeln ihre Worte, ihre Bilder. Ihre Wahrheiten.
Und das wollen wir weitergeben. Es soll kein Reisebericht von unseren Abenteuern sein, das interessiert uns nicht. Es ist ein Mosaik aus verschiedenen Perspektiven und Stimmen, zusammengesetzt zu einer dichten Beschreibung von Menschen und Orten. Welches Bild sich daraus ergibt, wissen wir jetzt noch nicht.
Für das Projekt nutzen wir unsere Ressourcen und Fähigkeiten. Piotr, der Architekt und Fotograf, macht Portraits, Landschaftsfotos, Schnappschüsse, je nachdem, was ihm in dem Moment vor die Linse kommt. Natalie die Kulturwissenschaftlerin, die gern schreibt sammelt die Geschichten, schreibt sie auf, beobachtet. Das Gesehene und Gehörte verarbeiten wir zu prägnanten Portraits, die wir in einem Buch präsentieren.
Das Buch
Warum ein Buch? Da wir viele kurze Geschichten erzählen und die Begegnungen mit Menschen mit Schnappschüssen und Portraits darstellen, ist ein Buch das am besten geeignete Medium. Es zeigt wie in einem Album eine Sammlung von punktuellen Momentaufnahmen. Es kann quer gelesen werden, von vorne, von hinten, oder einfach durchgeblättert, in beliebiger Reihenfolge.
Es ist uns wichtig, ein gut überarbeitetes und schön gestaltetes Buch zu machen – es soll die Ästhetik der Momente, die wir auf der Reise erlebt haben enthalten und sinnlich erfahrbar machen. Es soll physisch vorhanden sein, nicht nur eine digitale Diashow, es soll etwas sein, das bleibt und fähig ist, die Spuren der Zeit zu tragen. Zudem ist es das altbewährte Medium, um Geschichten weiterzugeben, ein Medium der Erinnerung. Es kann geschenkt, vererbt werden.
Wofür die Projektfinanzierung?
Unser Projekt konzentriert sich vorerst auf das Geschichtensammeln während unserer Reise und die Vorbereitung es Buches. Wir benötigen das Budget für die Arbeit an unserer Recherche: damit wir von Zeit zu Zeit eine Arbeitsphase in einem Zimmer mit Internetanschluss einlegen können um Texte zu digitalisieren, Fotos auszuwählen und zu bearbeiten. Dazu kommen Kosten für Kommunikation und Internet, evtl. Materialkosten für die Kamera (Reparatur, Akku) oder Computer. Am Ende unserer Reise werden wir eine längere Arbeitsphase für das Layout und das Feinkonzept für unser Buch und die Verlagssuche benötigen.
Sollte sich die Verlagssuche schwierig gestalten, werden wir eine kleine Auflage im Eigenverlag drucken lassen und unseren grössten Boostern zukommen lassen.